
Moritz und die Silvestergefahr
Für alle, die kleine Tiergeschichten lieben, habe ich eine Kurzgeschichte mit der Hauptpers…katze Moritz im Gepäck, so wie er Silvester erlebte.

Moritz und die Silvestergefahr
Schon wieder knallte es irgendwo. Moritz zuckte zusammen, schaute sich vorsichtig um, dann rannte er über die Straße zurück zu seinem Garten, seinem Revier. Nicht noch so ein Knallding gleich neben ihm! Beinahe hätte es ihn vorhin erwischt! Als dieses laute Ding direkt neben ihm losging, waren einige Menschen in seiner Nähe. Sie lachten und jubelten, als ob es etwas Schönes wäre. Ihm dagegen klingelten nach wie vor die Ohren von diesem Krach, genauso hatte er noch den Geruch von Verbranntem in seiner Nase.
Verbrannt = Feuer = heiß = kann wehtun!
Wussten die Menschen das nicht? Bei den kleinen waren auch große Menschen dabei gewesen, die müssten doch auf jeden Fall wissen, dass Feuer gefährlich war. Also bei seiner Spezies, den Katzen, waren Junge schützenswert, die setzte man nicht einfach solchen Gefahren aus! Aber die Menschen hatte es wohl nicht interessiert. Sie fanden es sogar sehr lustig, als ihre Jungen weiße Papierkügelchen auf den Boden warfen, die ebenfalls knallten und verbrannt rochen. Fast so schlimm wie diese funkensprühenden Knalldinger, die vom Boden wegflogen, aber keine Vögel waren. Verrückte Menschen, vermutlich lebensmüde, anders konnte er sich dieses Verhalten nicht erklären.
Es donnerte und blitzte, wenn es gewitterte, aber einfach so? Ohne Vorwarnung? Dunkel erinnerte er sich, dass es schon mal überall geknallt hatte, tagelang, dann war es endlich vorbei. Zu dieser Zeit war es ebenfalls kalt gewesen und überall brannten bunte Lichter. Ob es da einen Zusammenhang gab?
Heute war es sogar schlimmer als die beiden Tage zuvor, denn nun knallte es bereits vor Einbruch der Dunkelheit ständig aus vielen Richtungen. Moritz konnte nicht einordnen, wo es draußen sicher war. Wahrscheinlich nirgends. Endlich kam er im Garten an und flitzte so schnell er konnte zur Haustür, wo er durch die Katzenklappe in die Wohnung gelangte, die er mit seinem Frauchen Kerstin bewohnte. Hier war es viel ruhiger. Trotzdem drang der Lärm von draußen hinein. Moritz verkroch sich unter die Couch und hoffte zitternd, dass er nun in Sicherheit war. Wenn er Junge hätte, die würden jetzt mit ihm unter der Couch liegen, während er wachsam die Umgebung beobachtete. So dumm wie diese Menschen war keine vernünftige Katze! Nicht auszudenken, wenn so ein Knallding hier in die Wohnung käme.
„Moritz, mein Schatz, was machst du denn unter dem Sofa?“
Er lugte unter der Couch hervor und sah Kerstin, die auf dem Boden kniete und sich nach vorne beugte. Oh, was wenn ihr etwas passieren würde? Moritz sah sich um, aber es war nicht möglich, sie in diesen Unterschlupf zu bekommen. Seine Menschenfrau war einfach zu groß. Innerlich seufzte er und hoffte, dass sich wirklich keins dieser Knalldinger hierher verirrte.
„Mein armer Liebling, dieser Lärm ist schrecklich, stimmt’s?“
Moritz maunzte leise. Oh ja, schlimm, ganz schlimm.
„Keine Angst, das ist draußen. Hier in der Wohnung kann uns nichts geschehen.“
Irgendwie tröstete ihn ihre beruhigende Stimme. Langsam traute er sich hervor und ließ sich von ihr kraulen. Sie setzte sich auf die Couch. Misstrauisch sah sich Moritz um, ob es wirklich sicher war. Mauern, hier waren Mauern. Und dass die Fenster fest waren, man also nicht einfach so durch konnte, das wusste er seit seinen Kätzchentagen, als er einmal dagegen gerannt war. Das hatte ganz schön geschmerzt, aber gerade war er dankbar, dass sie wahrscheinlich auch diese Knalldinger aufhalten würden. Er nahm all seinen Mut zusammen und sprang aufs Sofa, wo er sich an Kerstin kuschelte. Langsam döste er ein.
Plötzlich schreckte er auf. Es klang, als würde die Welt untergehen. Ein Dauerlärm, ein Dauergeknalle, laute Menschen, die irgendwas mit „Prost Neujahr!“ brüllten. Moritz huschte unter die Couch und drückte sich an die Wand, wo garantiert kein Knallding hinkommen konnte. Er hielt Ausschau nach seinem Frauchen. Zu seinem Entsetzen entdeckte er seine Menschenfrau direkt am Fenster. Sie stand davor und sah hinaus. Sie war in Gefahr! Er kroch laut miauend zum vorderen Ende seines Versteckes. Hörte sie ihn nicht? Er miaute lauter. Jetzt drehte sie sich um. Direkt hinter ihr vorm Fenster sah er Lichtblitze, hell, manchmal sehr bunt, einige scheinbar weiter weg, andere näher… Sie soll da weg! Wenn Moritz in ihrer Sprache hätte rufen können, er hätte sie angebrüllt, sie solle den Rollladen herunterlassen und weg vom Fenster in Deckung gehen. Konnte er aber nicht. Also maunzte er lange, laut und in seinem jämmerlichsten Ton, den er von sich geben konnte. Sie verstand das wohl falsch, aber immerhin kam sie auf ihn zu und setzte sich vor ihn auf den Boden.

Das Smartphone brummte, klingelte, blinkte. Es war einfach zu viel! Bevor dieses komische Ding am Ende noch laut explodierte und ebenfalls Lichtblitze verschoss, sollte es besser in einer anderen Ecke sein. Weit weg von ihnen! Kurzentschlossen sprang Moritz auf den Tisch und fegte das Teil herunter, dann vom Wohnzimmer durch die Tür in Richtung Haustür. Schnelle, heftige Pfotenhiebe, so wie er es mit dem Ball und anderem Spielzeug geübt hatte. Hah, endlich zahlte sich dieses Training aus! Dieses lärmende Ding hier würde ihnen nicht gefährlich werden! Er würde seine Menschenfrau und sich beschützen. Das Smartphone knallte gegen die Haustür. Ein klein wenig mittiger und es wäre vermutlich durch die Katzenklappe nach draußen gesegelt. Aber dort in der Ecke hinter der Flurkommode, in der Kerstin ihre Schuhe aufbewahrte, war es in Ordnung. Wozu riskieren, dass er es nach draußen befördern wollte, und es genau in diesem Moment hochging?
Moritz drehte sich um und maunzte Kerstin an, die direkt hinter ihm stand. Was machte seine Menschenfrau denn hier? Erkannte sie nicht die Gefahr? Er miaute sie an und drückte sich so gegen ihre Beine, dass sie automatisch einen Ausfallschritt nach hinten machte. Er versuchte ihr klarzumachen, dass sie beide zurück ins Wohnzimmer sollten, maunzte weiter, eindringlicher, rieb sich an ihr. Als Kerstin verstand, dass er sie nicht zu ihrem Mobiltelefon lassen wollte, kehrte sie mit ihm zum Wohnzimmer zurück.
„Es brummt noch, also dürfte es nicht kaputt sein“, murmelte sie.
Da es nun deutlich leiser, die Lichtblitze draußen beinahe verschwunden und das gefährliche Smartphone weit genug entfernt waren, sprang Moritz auf die Couch und lud Kerstin ein, zu ihm zu kommen. Kuschelzeit! Bestimmt musste er sie nach diesem Schreckmoment mit diesem blinkenden Ding in ihrer Wohnung beruhigen. Irgendwann döste er auf Kerstins Bauch liegend ein.
Zum Hintergrund:
Mit dieser Kurzgeschichte, die auch gerne weitergeleitet und verbreitet werden darf (nur bitte mich als Urheberin drin lassen!) verbinde ich einen kleinen Appell: Bitte böllert an Silvester nur um Mitternacht, dann wenn es eigentlich auch erlaubt ist.
Ich weiß nicht, wie es bei euch war, aber hier in Bad Kreuznach begann Tage vorher schon der Knallwahnsinn, der auch am 01.01.2025 noch anhielt. Mich als Mensch stört diese Rücksichtlosigkeit, aber ich kann damit leben. Ich denke allerdings oft an meinen (verstorbenen) Kater, für den diese Zeit gar nicht angenehm war, so wie für viele andere Haustiere. Doch die können sich immerhin noch in die Häuser zurückziehen. Für all die Tiere, die da draußen leben, dürfte das eine echte Horrorzeit sein. Müssen wir Menschen denn immer nur an das eigene Vergnügen denken und so rücksichtslos sein? Außerdem: Wenn es nur einmal im Jahr an Silvester stattfindet, ist es etwas Besonderes. Wenn wir aber eine Woche Dauersilvester haben, geht der Reiz verloren (und nervt nur noch).
Falls du die Geschichte als PDF willst, hier bekommst du sie: Moritz und die Silvestergefahr
P.S.:
Moritz ist der schwarze Kater von Kerstin, der Protagonistin des Buches „Katze in der Tasche“, erhältlich über Amazon.